Der Circuit de Spa-Francorchamps ist eine Motorsport-Rennstrecke in den Ardennen in Belgien. Sie liegt im Dreieck zwischen den Städten Stavelot (zu deren Gemeindegebiet der Kurs gehört), Spa und Malmedy – knapp 20 km entfernt von der deutsch-belgischen Grenze bei Monschau. Der Start-Ziel-Bereich der Strecke liegt nahe der Ortschaft Francorchamps, worin auch der Name des Kurses begründet liegt.
Wegen der Höhendifferenz im Streckenverlauf von insgesamt etwa 100 Metern und der zahlreichen Kurven, in denen hohe Fliehkräfte auftreten, trägt die Strecke auch den Beinamen „Ardennen-Achterbahn“. Seit 1925 wird dort mit einigen Unterbrechungen der Große Preis von Belgien ausgetragen; seit 1950 als Formel-1-Weltmeisterschaftslauf.
Geschichte
Bis zum Inkrafttreten desVersailler Vertragesim Januar 1920 gehörte der Ostteil der Rennstrecke zum Deutschen Reich. Das Gebiet vonEupen-Malmedywurde nach einer umstrittenenVolksbefragung, die auch als "petite farce belge" in die Geschichte Belgiens einging, nach einer fünfjährigen Übergangszeit in den belgischen Staat eingegliedert.
Die ursprünglich 14,863 km lange Strecke wurde 1921 eröffnet und bestand weitgehend aus sonst öffentlichen Landstraßen im Dreieck zwischen den Ortschaften Francorchamps im Norden,Malmedyim Südosten undStavelotim Südwesten. Zum ersten geplanten Autorennen erschien jedoch nur ein Teilnehmer, so dass es abgesagt wurde und der Kurs stattdessen mit einem Motorradrennen eröffnet wurde.
Kurz nach der SenkeEau Rougebog die ursprüngliche Strecke scharf links ab, um dann in einerHaarnadelkurverechts bergauf zu führen. Diese Kurve wurde „Virage de l'Ancienne Douane“ (Kurve an der alten Zollstation) genannt, da dort die ehemaligen belgisch-deutschen Grenzanlagen standen. Erst 1939 wurde als steil bergauf führende Abkürzung die später berühmt gewordene Mutkurve „Raidillon“ geschaffen, um die Durchschnittsgeschwindigkeit des Kurses zu erhöhen. Der öffentliche Straßenverkehr, der bis 2001 als Umleitung des noch nicht fertiggestellten Autobahnabschnitts Spa-Francorchamps über die Strecke führte, wurde hinter den Tribünen über die alte Haarnadelkurve geführt. In der Senke trafen die beiden Richtungsfahrbahnen wieder aufeinander. Die zweite deutsche-belgische Grenzstation lag hinter der langgezogenen Rechtskurve durch „Bürnenville“ am Anfang der langen „Masta“-Geraden von Malmedy nach Stavelot. Um die enge Kurve in der Ortsdurchfahrt von Stavelot zu umgehen, und um die Durchschnittsgeschwindigkeit des Kurses zu erhöhen, wurde auch dort eine Abkürzung in Form einer langgezogenen leicht überhöhten Rechtskurve eingefügt.
Sonst bestand die dreiecksförmig angelegte Strecke aus langen Geraden und nur wenigen, aber meist sehr schnellen Kurven. Die berühmte Ausnahme von dieser Regel bildet die Spitzkehre „La Source“ im Norden, die nicht durch eine weitere Maßnahme umgangen wurde. Die Spitzkehre war einst die letzte Kurve vor der ursprünglichen Start-Ziel-Anlage in der Mitte des Bergabstücks zu Eau Rouge, und bei Starts fuhr das gesamte Feld mit hoher Geschwindigkeit auf diese Engstelle zu. Für die Formel 1 wurde eine zusätzliche Boxenanlage sowie Start-Ziel auf dem ebenen Teilstück vor La Source gebaut, so dass das Starterfeld erst diese Spitzkehre umrunden muss, wonach die Wagen meist einzeln und somit sicherer durch Eau Rouge fahren.
Nicht nur die schnelle Streckenführung und die schlechte Absicherung – Laternen, Straßenschilder, Bäume und Gebäude standen ungesichert nahe an der Strecke, Gullydeckel in der Fahrbahn sorgten für überraschende Rutschpartien –, sondern auch das unberechenbare Wetter machten Spa-Francorchamps lebensgefährlich. Wegen der Länge der Strecke kam es vor, dass es bei Start und Ziel trocken war, während es einige Kilometer weiter in Strömen regnete. Beim Formel-1-Grand-Prix 1966 fuhren die Wagen nach dem Start mit hoher Geschwindigkeit in den nassen Streckenabschnitt beiBurnenvilleein und verunfallten teilweise, was im Film „Grand Prix“ aus der Hubschrauberperspektive dokumentiert wurde.
Das erste Autorennen fand 1922 statt, das erste24-Stunden-Rennen 1924.
Umbaumaßnahmen
Die Strecke wurde bis 1979 auf etwa die Hälfte verkürzt. Der neue Streckenteil zweigt nach derKemmel-Geraden ab, führt bergab und mündet in derStavelot-Kurve in die bestehende Straße. Dieser Umbau erhöhte die Sicherheit und bewahrte dennoch teilweise den ursprünglichen Charakter der Strecke.1983wurde Spa nach langwierigen Umbaumaßnahmen wieder an Stelle des Kurses inZolderin den Kalender aufgenommen.
Seit Frühjahr 2001 sind die Teile der nun 6,976 km langen Strecke, die noch reguläre Landstraßen waren, permanent für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Im Osten wurde dazu eine neue Umgehungsstraße (N62c) von Francorchamps nach Les Combes bzw. Burnenville erbaut. Der Abschnitt der alten Rennstrecke vom Ort Stavelot bis zur Einmündung der neuen Kurve Stavelot wurde zur Sackgasse bzw. zur südlichen Zufahrt ins Fahrerlager, mit teils sehr schlechtem Belag. Seither ist derCircuit de Spa-Francorchampseine permanente Rennstrecke.
Nach derSaison 2005forderte die Formel-1-Administration (FOA) umfangreiche Umbauarbeiten an der Strecke, vor allem im infrastrukturellen Bereich. Anfang2006war mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen worden, so dass eine Fertigstellung zum geplanten Rennen nicht gewährleistet war und der belgische Grand Prix gestrichen wurde. In der Folge übernahm die FOA unter Leitung des Formel-1-PromotersBernie Ecclestonedie Federführung für die Umbauarbeiten und die Zukunft des Kurses und verpflichtete sich vertraglich, ab 2007 für mindestens fünf Jahre jeweils einen Formel-1-Grand-Prix in Spa-Francorchamps auszurichten. Damit war der Verbleib im Saisonkalender bis 2012 gesichert.
Die mit rund 18 Millionen Euro veranschlagten Arbeiten begannen Mitte November 2006 und wurden im Mai 2007 fertiggestellt. Unter anderem wurde dieBus Stop-Schikane in eine enge Rechts-Links-Kombination umgewandelt, dieLa Source-Haarnadelkurve modifiziert und mit einer größeren Auslaufzone ergänzt sowie eine neue Boxenanlage samtFahrerlagergebaut. Dazu kamen der Bau neuer Tribünen im Bereich der Start- und Zielgeraden, beiLa SourceundEau Rougemit einer Erweiterung der Zuschauerkapazität von 70.000 auf 84.000. Die Doppel-Linkskurve „Pouhon“ erhielt einen ebeneren Belag und eine asphaltierte Auslaufzone. Die aktuell 7,004 km lange Strecke wurde für die Formel-1-Saisons2007(16. September) und2008(7. September) wieder in den Kalender aufgenommen. Ebenfalls 2008 wurde die Kurve Nr. 15 (ehemalsStavelot) nach dem belgischen RennfahrerPaul Frèrebenannt.
Besonderheiten
Ein Kuriosum von Spa sind zweiStartvariantenundBoxenanlagen. Während sich die Start- und Ziellinie für die Formel 1 vorLa Sourcebefindet, werden andere Rennen noch auf der Bergab-Geraden vorEau Rougegestartet. Dort befindet sich auch noch die alte Boxenanlage. Diese wird zum Teil bei großen Veranstaltungen – etwa an den Formel-1-Wochenenden oder beim 24-Stunden-Rennen – zusätzlich zu den neuen Boxen genutzt. Die Teams der Rahmenrennen werden üblicherweise in der alten Boxenanlage untergebracht und auch der Rennstart dieser Fahrzeuge erfolgt auf der alten Start- und Zielgeraden.
Michael Schumacherfeierte am 2. September2012in Spa seine 300. Grand-Prix-Teilnahme. Dort war er am 25. August1991auch sein erstes Formel-1-Rennen gefahren und fuhr ein Jahr später seinen ersten Sieg auf dieser Strecke ein.